2020

Mär
19

Spannende Zeiten für Lotus-Anwender (HCL Domino, Sametime, Notes, Volt)


Die Übernahme des IBM Collaboration-Software Portfolios durch HCL ist gerade mal rund neun Monate unter Dach und Fach. Rechnet man die Zeit ein, in der HCL für die Weiterentwicklung des Notes/Domino-Portfolios zuständig ist, so kommt man immerhin auf 21 Monate. Und die hatten es wahrlich in sich. Vorbei die Zeiten, wo man über Jahre hinweg die wenigen Neuerungen in den Release Notes irgendwelcher Dot-Releases (Fixpacks, Featurepacks) suchen musste.

  • Der Notes 11 Client zeigt sich in einem aufgeräumteren Look & Feel. Die Darstellung von Mail und Kalenderdokumenten orientiert sich nun an der wirklich gelungenen Umsetzung im Webmail-Client "Verse on Premise", der ebenfalls in einer neuen Version zur Verfügung steht. Zu den neuen Features gehört u.a. die Unterstützung von Meetings >24 Stunden und der Export von Dokumenten nach PDF.
  • Der Domino 11 Server als Herzstück der gesamten Lösung bietet nunmehr die Unterstützung für die Auslagerung von Datei-Anhängen in Cloud-Speicher. Im Gegensatz zu früheren Version des "DAOS" ("Domino Attachment Object Services") genannten Dienstes, werden die Attachments nicht mehr für jeden Server getrennt abgelegt. Damit können Kunden mit großen Datenbeständen in erheblichem Umfang Kosten einsparen.
  • Auch Sametime 11 wird mit einigen Neuerungen aufwarten: Desktop-Client als REACT-Anwendung, persistente Chats und JITSI als technologische Basis für Sametime Meetings. Auf Wunsch werden sich aber auch Conference-Lösungen von Drittanbietern implementieren lassen.
  • Mobile Endgeräte (iPhone, iPad, Android Tablets) werden mit NOMAD zum vollwertigen Notes-Client. Somit lassen sich bestehende Notes-Anwendungen bereits heute auf Tablets sehr gut nutzen. Aufgrund des besonderen Formfaktors von Smartphones werden hier zwar Anpassungen erforderlich, diese sind vom Umfang her aber wesentlich geringer zu bewerten, als eine komplette Neuentwicklung. Auch wird man kaum ein komplettes CRM auf dem Smartphone abbilden, sondern sich auf die Abbildung mobil relevanter Prozesse und Dokumente beschränken.

Aber dabei wird es natürlich nicht bleiben: NOMAD wird in Zukunft auch auf Desktop-Rechnern im Browser zum Einsatz kommen und alle Funktionen des bisherigen Notes Basic-Clients bieten. Und das ganz ohne Installation. Damit wird ein alter Traum vieler Notes-Anwenderinnen und -anwender wahr, da sich in Zukunft Kunden, Lieferanten und externe Mitarbeiter problemlos in bestehende Notes-Anwendungen einbinden lassen, ohne dass diese eine Client-Installation benötigen oder man bestehende Alt-Anwendungen webfähig machen muss. Auch für Anwenderunternehmen, die in Sachen Messaging inzwischen auf andere Anbieter setzen, dürfte NOMAD Web sehr interessant werden, da die Notwendigkeit für den Roll-Out eines zweiten Collaboration-Clients entfällt, nur um vielleicht drei oder vier Anwendungen gelegentlich zu nutzen.

Ein besonders heißes Thema ist das neue Produkt Domino VOLT, dessen Beta-Phase vor einigen Tagen gestartet ist. VOLT ist eine browserbasierte Applikationsentwicklungsplattform. Neudeutsch heißt so etwas No-Code/Low-Code-Entwicklung und bedeutet nichts Anderes, als dass Notes zu seinen Wurzeln zurückkehrt und die Entwicklung von Formularen, Listen und Workflows wieder in die Hände der Poweruser in den Fachabteilungen legt. Das war gerade in den Anfangstagen eine der Stärken von Notes. Die Idee dahinter wurde später auch von Lotus Quickr, IBM Forms & Experience-Builder aber auch Microsoft Sharepoint übernommen und weiterentwickelt.

Mit VOLT geht HCL aber einen Schritt weiter: Die in den Applikationen erfassten Daten werden nicht nur "irgendwie", bspw. als BLOB, in Notes-Datenbanken erfasst, vielmehr wird aus jeder VOLT-Applikation eine .nsf-Datei generiert, die über Masken und Ansichten verfügt und die so erfassten Daten also transparent für die weitere Verarbeitung vorliegen. Was bedeutet das in der Praxis?

Stellen wir uns einmal eine Reihe alltäglicher Workflows in Unternehmen vor, wie bspw. Beschaffungsanträge, Anträge für Auslandsdienstreisen (A1-Formular) oder Workflows zur Neuanlage von Kunden und Lieferanten im ERP. Zur ordnungsgemäßen Abarbeitung benötigen die jeweiligen Fachabteilungen bestimmte Informationen von den Antragsstellern oder den externen Partnern. Dabei können sich die Anforderungen an die abzufragenden Informationen im Laufe der Zeit ändern. Was liegt also näher, als dass die empfangende Abteilung diese Anforderungen direkt und ohne Programmierkenntnisse im Erfassungsformular einpflegt.

Am Ende eines solchen Prozesses steht häufig die Übernahme der Daten in andere Unternehmenssysteme. Da alle Informationen transparent in Notes-Dokumenten vorliegen, kann die IT-Abteilung alle abgeschlossenen Workflows bspw. mit Hilfe eines in LotusScript oder JAVA entwickelten Agenten weiterverarbeiten. Die einfachste Form der Weiterverarbeitung ist die Übernahme der Daten bspw. in ein Notes basiertes CRM-System. Aber auch die Übergabe der Daten des neu erfassten Lieferanten an einen SAP-Funktionsbaustein oder einen Web-Service (WSDL oder REST) sind mit geringem Aufwand realisierbar.

An diesen einfachen Beispielen wird deutlich, dass sich, richtig eingesetzt, mit VOLT ganz neue Möglichkeiten für die Digitalisierung der Verwaltung von Unternehmen ergeben. Medienbrüche, egal ob über Papierformulare oder das Abtippen von Excel-Listen, lassen sich so Schritt für Schritt ressourcenschonend schließen.

Das stoppen der Erosion der bestehenden Nutzerbasis war eines der kurzfristigen Ziele von HCL. Mit all diesen Verbesserungen und den sich ankündigenden Ergebnissen dieser immensen Investitionen belohnt HCL vor allem langjährige Kunden und treue Notes-Fans. Erstmals seit langer Zeit darf man als Kunde nicht nur auf eine Art Bestandsgarantie hoffen, sondern vielmehr miterleben, wie aus einer 2019 vorgestellten Vision langsam aber sicher installierbare Produkte werden. Und das Beste liegt noch vor uns!

Um mit gutem Beispiel voranzugehen, haben wir inzwischen fast alle Server auf die aktuelle Version 11.0 umgestellt. Die letzten werden wohl im April folgen. Auf Version 9.0.1 wird projektbedingt nur ein Entwicklungsserver übrig bleiben.

Nicht vergessen sollte man aber auch, dass Domino VOLT und NOMAD Web ideal sind, um HCL Domino als Entwicklungsplattform auch in Kundenprojekten zu nutzen, wenn beim Kunden keine Notes/Domino-Infrastruktur besteht. In sofern liegt es natürlich auch an uns HCL Partnern die Message nach draußen zu tragen und neben alten, auch neue Kundengruppen für den Einsatz von Notes und Domino zu begeistern. Mit unserer Lösung educationManager für den Bereich der Erwachsenenbildung erschließen wir dann auch gezielt Kundengruppen, die einem nicht unbedingt als Zielkunden für eine Enterprise Collaboration Lösung wie Notes/Domino in den Sinn kommen.

Es bleibt spannend!

Marc-Oliver Schaake

Geschäftsführung - Consulting - Projektmanagement - Development
Lotus Notes Consultant & Entwickler seit 1995
  • SAP to Notes-Projekte
  • Verantwortlich für Produktentwicklung